Wie im Vorfeld erwartet hat der Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) gestern, Donnerstag, im Rahmen des ICANN-Meetings in Paris beschlossen, dass es in Zukunft deutlich mehr Top-Level-Domains (TLDs) im Internet geben wird. Statt bisher 21 generischen TLDs sowie den länderspezifischen Domainendungen wird ein großes Spektrum an Wunschnamen erlaubt.
„Das Potenzial ist riesig. Das bedeutet völlig neue Möglichkeiten, wie sich Leute im Internet ausdrücken können“, meint Paul Towney, Präsident und CEO der ICANN. Der Sturm auf Neuland wird mit Sicherheit Städte-Domains wie .paris und .berlin bringen. Ein Antrag auf eine neue TLD dürfte aber nur wirklich etablierten Organisationen möglich sein.
„Die ICANN wird wahrscheinlich fordern, dass Bewerber nachweisen können, dass sie bereits ordentlich geschäftlich operieren“, meint Dirk Krischenowski, Gründer und Geschäftsführer von dotberlin.de, im Gespräch mit pressetext. Das sei bei früheren Antragsrunden so gewesen und auch diesmal werde wohl nicht jedes Individuum einfach nur mit einer Idee eine TLD beantragen können. Zumindest ein gutes Geschäftsmodell und ein solides technisches Konzept wären erforderlich, vermutet dotBERLIN. Auch finanzielle Hürden wird es geben, obgleich die ICANN dazu noch keine konkreten Angaben macht. „Derzeit ist das ein Lesen im Kaffeesatz“, mein Krischenowski. Denkbar seien Basiskosten für einen Antrag im Bereich von etwa 50.000 Dollar, mit Mehrkosten im Falle von Komplikationen.
Zu Streitfällen könnte es beispielsweise kommen, da Markennamen laut ICANN nicht automatisch geschützt werden, sondern ein Einspruchsprozess für Rechteinhaber vorgesehen ist. Geplant ist, dass grundsätzlich freie Zeichenketten im Rahmen gewisser technischer Einschränkungen als TLD beantragt werden können – .liebe oder .meinname steht hier nichts im Weg. Als anstößige empfundene Domainnamen sollen aber bei einer ICANN-unabhängigen Schlichtungsstelle beeinsprucht werden können. „Ein Schema der ICANN heißt Moral und öffentliche Ordnung“, meint Krischenowski. Demnach könnten auf diesem Weg neue Anträge für Pornodomains gekippt werden, ähnlich, wie es Anfang 2007 bei der Domain .xxx der Fall war. Gerade gegen politisch zu brisante TLDs wie beispielsweise .nazi soll die Einspruchsmöglichkeit eine Handhabe bieten, heißt es seitens der ICANN gegenüber pressetext.
Wie Anfang der Woche von nic.at-Gerschäftsführer Richard Wein gegenüber pressetext vorhergesagt, wurde in Paris noch keine finale Umsetzung für das Vergabeverfahren von Wunschdomains beschlossen. „Damit haben auch wir gerechnet, dass wohl noch neun Monate bis zum eigentlichen Start vergehen weden“, so Krischenowski. Der genaue Prozess soll der ICANN zufolge tatsächlich bis Anfang 2009 finalisiert werden, sodass voraussichtlich ab dem zweiten Quartal kommenden Jahres Anträge für neue TLDs angenommen werden können. „Dann werden wir unseren Antrag für .berlin auf jeden Fall stellen“, betont Krischenowski. Auch die Domainendung .paris dürfte früh beantragt werden, immerhin hat anlässlich des ICANN-Meetings Jean-Louis Missika, der stellvertretende Bürgermeister von Paris, die Unterstützung der Stadt für dotparis bekannt gegeben.
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